WAS MACHT ES FRAUEN SCHWIERIG, GEWALTFREI ZU LEBEN?

Wir zählen den 30. Femizid in Österreich, die finanziellen Mittel für Gewaltprävention- und -schutz als auch Täterarbeit wurden zwar aufgestockt, sind aber aus Sicht unterschiedlicher Institutionen in diesem Bereich nicht ausreichend. Grundsätzlich stellt sich aber die Frage, was ein Leben, frei von Gewalt, verhindert? Die AG Frauen der Salzburger Armutskonferenz lud Salzburgs Fraueneinrichtungen ein, um diese Frage – auch im Zuge der 16 Tage gegen Gewalt - gemeinsam zu diskutieren.

Gewaltbeziehungen sind immer auch Abhängigkeitsbeziehungen, die vom ökonomischen Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern geprägt sind. „Unabhängig von anderen Faktoren spielt die finanzielle Abhängigkeit der Frauen immer eine wesentliche Rolle in Gewaltbeziehungen.“, so Ines Grössenberger, Frauenreferentin der Arbeiterkammer und Sprecherin des Frauenrates Salzburg. Zum Abschluss der 16 Tage gegen Gewalt möchte die Arbeitsgruppe Frauen der Salzburger Armutskonferenz daher auf strukturelle Missstände aufmerksam machen, die Frauen und Mädchen nach wie vor eine finanzielle Unabhängigkeit verwehren.

Existenzsicherung

Für Frauen und auch deren Kinder ist eine umfassende finanzielle Existenzsicherung notwendig, um überhaupt erst die Möglichkeit eines selbstbestimmten Lebens abseits der Gewaltbeziehung zu ermöglichen. In der Praxis können es sich von Gewalt betroffene Frauen einfach nicht leisten, sich vom Partner zu trennen und in eine eigene Wohnung zu ziehen. Auch der Aufenthalt in Frauenhäusern oder Schutzwohnungen ist keine langfristige Lösung, wodurch Frauen akut von Wohnungsnot bedroht werden.

Hierbei spielt die neue Sozialhilfe eine tragende Rolle. Die Verschlechterungen im Vergleich zur Mindestsicherung treffen zwar alle Beziehenden, aber Frauen sind davon nochmals stärker betroffen. Das neue Gesetz verschärft die ohnehin schon prekäre Lage am Wohnungsmarkt durch Obergrenzen und der Anrechnung der Wohnbeihilfe weiter. „Es gibt Fälle, da können sich Betroffene aufgrund des neuen Gesetzes auch keine geförderten Genossenschaftswohnungen mehr leisten, da die Höhe der Mieten die gesetzlichen Obergrenzen zur Unterstützung bei Kautionsübernahmen übersteigen. So wird der Weg aus einer Gewaltbeziehung oder der Start in ein neues Leben nach dem Aufenthalt im Frauenhaus wesentlich erschwert“, so Bayer Carmen, Sprecherin der Salzburger Armutskonferenz.

Nochmals dramatischer ist die Lage für Frauen mit Migrationsgeschichte. Kommen sie aus dem EU-Raum sind finanzielle Leistungen und Aufenthalt in Österreich an das Arbeitsverhältnis des Mannes gekoppelt, die mit einer Trennung verbundenen Folgen sind damit existenzbedrohend für die Frauen. Auch die langen Wartezeiten bei der Bearbeitung von Anträgen auf Familienbeilhilfe werden von der Arbeitsgruppe Frauen als problematisch bezeichnet, da Frauen oftmals monatelang auf die beantragten und dringend benötigten Leistungen, wie z.B. das Kinderbetreuungsgeld, warten.

Was Frauen am Weg in ein gewaltfreies Leben brauchen

Neben einer guten Existenzsicherung, welche die bundesweite Reform der Sozialhilfe sowie eine schnellere Bearbeitung von Anträgen einschließt, brauche es ausreichend Möglichkeiten einer kostenfreien Kinderbetreuung ab dem 1. Lebensjahr, damit die Frauen wieder erwerbstätig sein können und ein eigenes Einkommen haben. Auch der Ausbau von Psychotherapieplätzen auf Krankenschein wäre sehr wichtig, um die psychischen Folgen der erlittenen Gewalt zu verarbeiten und die Frauen zu stärken. Darüber hinaus müsse auch das Bewusstsein und die Sensibilität in Bezug auf Gewaltbeziehungen bei Behörden und in anderen Einrichtungen verbessert werden.

Bestehende Hilfsangebote

Um mehr zum Thema Gewalt zu sensibilisieren, hat die Stadt Salzburg Anfang 2021 das Projekt „Gewaltfreie Stadt“ gestartet. Dass Gewalt keine Privatsache ist, darauf macht auch das neue Projekt „StoP – Stadtteile ohne Partnergewalt“ aufmerksam und unterstützt damit das Sprechen über Gewalt und nachbarschaftliche Unterstützung. Aber auch alle anderen mädchen- und frauenspezifischen Einrichtungen im Raum Salzburg sind Ansprechpartnerin und Unterstützerin in Fällen von Gewalt.

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