SALZBURGER ARMUTSKONFERENZ FORDERT GERECHTES GESUNDHEITSSYSTEM
GESUNDHEIT IST KEINE WARE
Gesundheit ist keine Ware, sondern eine Grundvoraussetzung für soziale Teilhabe, Würde und Lebensqualität. Doch trotz eines grundsätzlich solidarischen Gesundheitssystems bleibt der Zugang zu medizinischer Versorgung in Österreich für viele Menschen eine Herausforderung. Unter dem Titel „Gesundes Salzburg: Anspruch und Realität“ stand daher bei der 12. Regionalen Salzburger Armutskonferenz die Frage im Mittelpunkt, wie Gesundheitsförderung gerechter, niederschwelliger und inklusiver gestaltet werden kann.
Gesundheit als Menschenrecht – nicht als Privileg
„Gesundheit darf kein Privileg sein, sondern ist ein grundlegendes Menschenrecht“, betonte Marcel Kamlesh Singhal, Sprecher der Salzburger Armutskonferenz, in seiner Eröffnungsrede. Trotz hoher Abdeckung im österreichischen Gesundheitssystem bestehen nach wie vor strukturelle Barrieren, die besonders vulnerable Gruppen betreffen: fehlende Krankenversicherung, Sprachhürden, hohe Kosten, Diskriminierung und geringe Gesundheitskompetenz.
Hinzu kommt, dass Österreich bislang kein verfassungsrechtlich verankertes Recht auf Gesundheitsversorgung kennt. Der Zugang zu medizinischen Leistungen bleibt somit abhängig von sozialpolitischen Rahmenbedingungen. Die Tagung machte deutlich: Wer arm ist, krank wird oder psychisch belastet ist, hat oft nicht die gleichen Chancen auf Behandlung und Prävention.
Solidarität im Gesundheitssystem: stark, aber mit Schwächen
Birgit Schrattbauer von der Universität Salzburg hob in ihrem Beitrag hervor, dass die österreichische Krankenversicherung grundsätzlich auf einem breiten Solidaritätsprinzip aufbaut: „Unser System bezieht die gesamte Bevölkerung mit ein – auch Personen, die selbst keine Beiträge leisten können.“ Doch auch dieses System habe Grenzen. „Es gibt Personen, die völlig durch das Netz fallen“, so Schrattbauer. Dazu zählen Menschen ohne Aufenthaltsrecht, bestimmte Studierendengruppen, Asylwerber:innen, die aus der Grundversorgung fallen, oder Personen, die Sozialhilfe aus Angst oder Unwissenheit nicht in Anspruch nehmen.
Besonders problematisch seien finanzielle Hürden im sogenannten Sachleistungssystem – etwa Selbstbehalte oder Zuzahlungen –, die verhindern, dass armutsbetroffene Versicherte ihre Ansprüche tatsächlich nutzen können. „Wir brauchen eine Stärkung dieses Systems, damit es wieder leistet, wofür es geschaffen wurde: allen Menschen unabhängig von ihrer Lebenslage Zugang zu Gesundheitsversorgung zu bieten.“
Niederschwelligkeit als Brücke zur Gerechtigkeit
Wie Niederschwelligkeit in der Praxis funktioniert, zeigte Stephan Gremmel am Beispiel des Wiener neunerhaus Gesundheitszentrums. Dort erhalten obdach- und wohnungslose Menschen sowie Personen ohne Krankenversicherung kostenlose medizinische Versorgung – in enger Zusammenarbeit zwischen Ärzt:innen, Sozialarbeiter:innen und Erfahrungsexpert:innen.
„Die medizinischen Probleme sind oft dieselben wie in der Allgemeinmedizin – aber der Zugang ist das eigentliche Hindernis“, erklärt Gremmel. Viele Betroffene hätten schlechte Erfahrungen mit Institutionen gemacht oder sich vom System entfremdet. „Es braucht Angebote, die diese Menschen wieder ins Gesundheitssystem zurückholen.“ Niederschwellige, interdisziplinär aufgestellte Versorgungsangebote seien daher ein zentrales Instrument, um Gesundheitsförderung tatsächlich armutspräventiv wirken zu lassen.
Gesundheit als gesellschaftliche Aufgabe
„Armut macht krank – und Krankheit macht arm“, fasste Hedy Spanner von der Plattform Sichtbar Werden die wechselseitige Beziehung zwischen sozialer Lage und Gesundheit zusammen. Gesundheit müsse als gesellschaftliche Ressource begriffen werden: „Wir müssen Gesundheitskompetenz in die Bildung integrieren. Menschen sollten lernen, ihren Körper zu verstehen – das kann spannend und lebensnah sein.“
Spanner forderte außerdem einen stärkeren Fokus auf Prävention und psychische Gesundheit: „Wir sprechen seit Jahrzehnten darüber, dass Prävention wichtig ist – aber in der Alltagspraxis sehen wir sie kaum. Es braucht Ausbildung, Bewegung, Bewusstseinsarbeit und Zugänge, die alle Menschen erreichen.“
Weitere Informationen:
- Nachlese: Gesundes Salzburg – Anspruch und Realität
- neunerhaus Gesundheitszentrum
- Plattform Sichtbar Werden
Kontakt:
Marcel Kamlesh SINGHAL
Sprecher - Salzburger Armutskonferenz
office@salzburger-armutskonferenz.at
Tel.: +43 676 848210 248
