KINDERARMUT

Als bestimmender Parameter für Kinderarmut wird die Armut der Eltern bzw. des Haushaltes gesehen in dem das Kind lebt gemessen am Einkommen der Eltern. Erweitert man jedoch die rein materielle Armutsdefinition werden noch andere Facetten von Armut sichtbar, die jedoch schwerer messbar sind.

Es gibt – auf rein statistischer Basis – eine europaweit vergleichbare Armutsgrenze: Wer weniger als 60 Prozent des Median-Einkommens hat, gilt als armutsgefährdet. Bei diesem Median-Einkommen liegt genau die eine Hälfte der Bevölkerung darüber, die andere darunter.

Die aktuelle Armutsgefährdungsschwelle (60% des Median-Einkommens) 2023 in Österreich beträgt 1.392€ Nettoäquivalnezeinkommen monatlich für einen Einpersonen-Haushalt (12 Mal im Jahr). Das heißt, ein Einpersonenhaushalt gilt dann als armutsgefährdet in Österreich, wenn weniger als 1.392€ monatlich zur Verfügung stehen.

Der Wert erhöht sich um den Faktor 0,5 pro weitere erwachsene Person im Haushalt und um den Faktor 0,3 pro Kind (unter 14 Jahre) im Haushalt – wobei hier alle Sozial-, Familien-, Pflege- Wohn-, Arbeitslosen- aber auch Pflegegeldleistungen inkludiert sind, ebenso wie regelmäßige Privattransfers.

Kinderarmut steht also in direktem Verhältnis zum Haushaltseinkommen der Familie.
- Wird im Elternhaus volle Erwerbstätigkeit erzielt, sind 8% armutsgefährdet.
- Sind die Eltern nur teilweise erwerbstätig, ist das Risiko mehr als doppelt so hoch.
- Wenn beide Eltern arbeitslos sind, leben über die Hälfte der Kinder und Jugendlichen bis 19 Jahren unter der Armutsgefährdungsschwelle.

Besonders häufig sind Familien mit mehr als 3 Kindern, Alleinerziehende oder Personen mit Migrationshintergrund betroffen.

FAKTEN

  • Kinderarmut bedeutet schlechte Wohn- und Lebensbedingungen
    Unter schwierigsten Umständen unternehmen Eltern, die von Armut betroffen sind, alles, um ihre Kinder über die Runden zu bringen: Beim Einkauf von Lebensmitteln suchen sie beispielsweise nach den günstigsten Angeboten. Fleisch wird nur zum Aktionspreis gekauft und auf Vorrat eingefroren. Erst wenn das Geld auch für die reduzierte Ware nicht mehr reicht, wird im Sozialmarkt eingekauft.
    Im Winter wird die Restwärme des Herdes genutzt, um die Küche warm zu halten. Um Kosten zu sparen, werden die Kinder gebeten, möglichst wenig Warmwasser zu verbrauchen.
    Kinder aus armutsgefährdeten Familien leben häufiger in überbelegten, dunklen und feuchten Wohnungen, in denen teilweise Heizung oder Bad fehlen. Ihre Wohnungen sind schlechter ausgestattet, haben z.B. keine Waschmaschine, keinen PC oder keinen Geschirrspüler. Zudem sind Umweltbelastungen durch die Lage der Wohnung an Straßen mit hohem Verkehrsaufkommen höher, Spiel- und Grünflächen oft geringer.
  • Armut wird weitervererbt
    Vor allem verfestigte Armutslagen werden vererbt. Je länger ein junger Mensch in Armut aufwächst, desto größer sind die Risiken, auch als Erwachsener in Armut zu leben. Ein Leben in Armut ist der stärkste Risikofaktor für die Entwicklungchancen von Kindern und Jugendlichen.
  • Armut verhindert Chancen und soziale Teilhabe
    Armutsbetroffene Kinder und Jugendliche üben aus finanziellen Gründen oft nur sporadisch Freizeitaktivitäten aus, die Geld kosten. Oft ist es nicht leistbar, Freund*innen zu sich einzuladen, an kostenpflichtigen Schulveranstaltungen teilnehmen oder Feste zu feiern. Diese Kinder ziehen sich immer mehr zurück, werden zu Außenseiter*innen. Das wiederum erhöht das Risiko, die Schule vorzeitig zu verlassen und nur einen niedrigen Bildungsabschluss zu erlangen.

Quellen:


KINDERARMUT IM BUNDESLAND SALZBURG

25.000 Kinder und Jugendliche bis 24 Jahre waren im Jahr 2022 armuts- und ausgrenzungsgefährdet. Das sind 19% der Salzburger Kinder und Jugendlichen. Auch österreichweit ist Kinderarmut ein Thema: Über ein Fünftel aller Armuts- und Ausgrenzungsgefährdeten sind Kinder (22%, das entspricht 353.000 Kindern im Alter 0-17 Jahre). Von in Ein-Eltern-Haushalten lebenden Kindern sind mehr als die Hälfte (52%) armuts- oder ausgrenzungsgefährdet; Familien mit mindestens drei Kindern zu 30%. Unter den Pensionsbeziehenden sind alleinlebende Frauen mit 28% ebenfalls überdurchschnittlich betroffen.

Je jünger die Kinder sind, desto höher ist die Armutsgefährdung für die jeweilige Familie - nicht zuletzt wegen Einkommenseinbußen aufgrund von Betreuungspflichten. Im Durchschnitt sinkt die Armutsgefährdung der Familie mit zunehmendem Alter der Kinder.

Von den 9.112 Personen, die in Salzburg im Jahr 2017 Mindestsicherung bezogen haben, waren insgesamt 35% Kinder bis 18 Jahre, das sind 3.181 Kinder. Der überwiegende Teil davon - nämlich 84% (= 2.672 Kinder) - waren zwischen 0 und 14 Jahren. 16% (509 Kinder) waren zwischen 15 und 18 Jahren.

Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung wurde seit 1. Jänner 2021 von der Sozialunterstützung (Salzburger Sozialunterstützungsgesetz) abgelöst. Das Salzburger Sozialunterstützungsgesetz wurde im Jahr 2022 zweifach novelliert.

Von den 4.600 Personen, die in Salzburg im Jahr 2022 Sozialunterstützung bezogen haben, waren insgesamt 24% Kinder bis 14 Jahre, das sind 1.106 Kinder. Unter den 15-20-Jährigen waren insgesamt 7,1%, das sind 328 Jugendliche. Das heißt, dass 31,1% aller Menschen, die Sozialunterstützung im Jahr 2022 bezogen haben, Kinder und Jugendliche bis 20 Jahre waren.

Zwar ist zu beobachten, dass zwischen 2017 und 2022 die Zahl der Menschen, die Mindestsicherung bzw. Sozialunterstützung bezogen hat, deutlich gesunken ist (von 9.112 Personen auf 4.600 Personen), dennoch bedeutet das nicht per se, dass es weniger Menschen gibt, die Unterstützung benötigen. Zur Einführung des neuen Sozialunterstützungsgesetzes haben sich viele Organisationen, die direkt in Beratung und Betreuung mit betroffenen Menschen arbeiten, zu Wort gemeldet. Die Sozialunterstützung bedeutet vor allem für Familien Verschlechterungen und trifft somit auch von Armut betroffene Kinder. Zwar bekommen Einzelpersonen etwas mehr Geld als bei der Mindestsicherung, aber je mehr Menschen in einem Haushalt leben, desto kleiner wird der Betrag. Unter anderem deshalb wurde das Gesetz 2022 zweifach novelliert. Die weiteren Entwicklungen bleiben abzuwarten.

Eine Belastung für viele Familien stellen in Salzburg die hohen Wohnkosten dar. Dazu erhebt das Forum Wohnungslosenhilfe bereits seit 1994 jährlich den Wohnbedarf und veröffentlich diesen in der Wohnbedarfserhebung. Knapp jede Vierte von Wohnungsnot oder Wohnungslosigkeit betroffene Person ist 2022 minderjährig und der Anteil von Kindern und Jugendlichen (22%), die von Wohnungsnot oder Wohnungslosigkeit betroffen sind, ist höher als der Anteil dieser Altersgruppe in der Salzburger Gesamtbevölkerung (17,6%). Die aktuellen Zahlen deuten darauf hin, dass Wohnungsnot und drohende Wohnungslosigkeit zunehmend Familien mit Kindern betreffen und/oder dass Familien mit Kindern vermehrt die Hilfe von Sozialeinrichtungen zur Bewältigung von Wohnungsnot und/oder drohender Wohnungslosigkeit in Anspruch nehmen. Zusätzlich scheint es, dass Kinder und Jugendliche dem Risiko von Wohnversorgungskrisen nicht weniger, sondern in einem höheren Ausmaß ausgesetzt sind als Erwachsene.


Quellen:


ARMUT UND ARMUTSFOLGEN BEI KINDERN

Kinder leiden, wenn sie sich nicht das leisten können, was anderen Kindern ermöglicht werden kann: zum Beispiel ein Musikinstrument zu lernen, hin und wieder ins Kino zu gehen oder auf Urlaub zu fahren. Neben den finanziellen Einschränkungen sind armutsgefährdete Kinder betroffen von: sozialer Ausgrenzung, höheren Gesundheitsbeschwerden und geringeren Bildungschancen.

Auswirkungen von Armut werden bei Kindern oft erst später sichtbar:

  • Kinder, die in Armut aufwachsen, haben meist ein niedrigeres Selbstbewusstsein, vermehrt Angst vor schlechten Leistungen in der Schule und vor existenzgefährdeten Situationen (z.B. Erkrankung der Eltern, Wohnungsverlust).
  • Armutsbetroffene Kinder haben eine geringere Selbstwirksamkeit, da ihre Handlungs- und Entscheidungsspielräume eingeschränkt sind. Viele Entscheidungen werden aus ökonomischen Gründen und nicht aufgrund eines Erziehungs- oder Lebensstils getroffen.
  • Von Armut betroffene Kinder sind häufiger krank. Sie haben bei ihrer Geburt ein geringeres Geburtsgewicht, eine geringere Körpergröße bei Schuleintritt, sind häufiger in Unfälle verwickelt, klagen öfter über Bauch- oder Kopfschmerzen, weisen häufiger Entwicklungsverzögerungen auf und neigen eher zu gesundheitsriskantem Verhalten wie ungesundem Essen, Rauchen oder fehlenden sportlichen Aktivitäten.
  • Für ein Drittel der Buben bzw. ein Viertel der Mädchen, die in Niedrigeinkommenshaushalten aufwachsen, sind Selbstbehalte bei Zahnarztkosten in der Größenordnung von etwa 200 € nicht möglich. Ähnliche Quoten werden für die Nicht-Leistbarkeit von Selbstbehalten bei Brillen bzw. Kontaktlinsen (Ausgaben etwa 100 € / Kind) ausgewiesen. Jeweils ungefähr 100.000 Kinder und Jugendliche in Österreich sind davon betroffen.
  • Auswirkungen früherer Entwicklungsrisiken setzen sich bis in die späte Kindheit und ins Erwachsenenalter fort. Arme Kinder von heute sind zu einem großen Teil die chronisch kranken Erwachsenen von morgen.
  • Niedrige Bildungschancen und soziale Benachteiligung sind eng aneinandergekoppelt. Gründe für schlechtere Bildungschancen sind:
    • Nachhilfe ist nicht leistbar -> für 49% der Mädchen und 41% der Buben in Niedrigeinkommenshaushalten ist bei Bedarf keine bezahlte Nachhilfe leistbar,
    • oftmals fehlt das Geld, um Kindern nach der Pflichtschule weiterführende Ausbildungen zu ermöglichen,
    • in 8% der armutsgefährdeten Haushalte haben Kinder keinen geeigneten Platz zur Erledigung von Schulaufgaben, das hat sich besonders in der Corona-Pandemie maßgeblich verschärft. Nicht jedes Kind und jede*r Jugendliche hat Zugriff auf einen eigenen Laptop zum Lernen.
    • Potenziale der Kinder können aufgrund eines Mangels an finanziellen Ressourcen nicht ausreichend gefördert werden.

Quellen:


MASSNAHMEN GEGEN KINDERARMUT

Die Einbeziehung von armutsbetroffenen Familien ist ein wichtiger erster Schritt zur Bekämpfung von Kinderarmut. Sie wissen am besten, worin die Schwierigkeiten im Alltag liegen und wo es einer Nachbesserung bedarf. 

Es braucht:

  • existenzsichernde Löhne, um einer Armutsgefährdung der Familie entgegenzuwirken
  • Schaffung von leistbarem Wohnraum und Regelungen für Mietobergrenzen
  • Gesicherte Fortzahlung des Unterhaltsvorschusses
    • auch während des Zeitraums der Überprüfung der Arbeitsfähigkeit des Elternteils
    • unabhängig von der österreichischen Staatsbürgerschaft
    • durch Festlegung eines Regelbedarfs, der nicht unterschritten werden darf
  • qualitativ hochwertige, flächendeckende und kostenfreie Kinderbetreuungseinrichtungen für unter 3-Jährige 
  • gemeinsame ganztägige Schulen der 10-14-Jährigen, um einer frühen Selektion entgegenzuwirken
  • kostenlose Ganztagsbetreuung – ohne bürokratische Hürden
  • Ausbau der Schulveranstaltungsförderung für schulische und außerschulische Freizeitangebote 
  • Übernahme des Schulgeldes bei privaten, berufsbildenden höheren Schulen (z.B. BAKIP)
  • Sensibilisierung zur Thematik in der Lehrer*innenausbildung
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